Warum ChatGPT bei 9 von 10 gängigen Arbeitsrechtsfragen falsch liegt

Ein Praxischeck von Treuhänder Simon Lei zeigt deutliche Schwächen.

Künstliche Intelligenz kann im Alltag enorm hilfreich sein – aber sobald es um Schweizer Arbeitsrecht geht, wird es heikel. Ein aktueller Test mit zehn realen Fragen aus der Praxis, zusammengestellt von Treuhänder Simon Lei, zeigt ein klares Bild:

➡️ ChatGPT halluziniert oder liefert falsche bzw. unvollständige Antworten in 9 von 10 Fällen.
➡️ Die KI erfindet Gesetzesartikel, mischt OR und ArG durcheinander oder interpretiert Fristen falsch.
➡️ Teilweise korrigiert sich ChatGPT erst auf Nachfrage – oder bleibt bei falschen Annahmen.

Das Problem: ChatGPT hat keine aktuellen Schweizer Gesetze, keine zertifizierten Rechtsquellen und keine wöchentlichen fachlichen Prüfprozesse. Das Modell „errät“ Antworten statistisch – und genau das führt im Arbeitsrecht systematisch zu Fehlern.

Für HR, Treuhänder, KMU oder Arbeitnehmer*innen kann das zu gravierenden Fehlentscheidungen führen: Falsch berechnete Sperrfristen, unkorrekte Ferienkürzungen, fehlerhafte Lohnfortzahlungsansprüche oder irreführende Aussagen zur Probezeit sind nicht einfach nur Missverständnisse, sondern können reale rechtliche und finanzielle Folgen haben.

Mit anderen Worten:

❌ ChatGPT liefert oft überzeugend formulierte, aber rechtlich falsche Informationen.

✔️ Für Schweizer Arbeitsrecht braucht es geprüfte, korrekt validierte Antworten.

Genau das war das Ziel des Tests: aufzuzeigen, wie wichtig verlässliche, juristisch validierte Informationen im Arbeitsrecht sind – besonders in einem Umfeld, in dem viele Menschen KI nutzen, ohne deren Grenzen zu kennen.

Referenzen zu den festgestellten Problemen

  1. Ferienkürzung bei Krankheit – ChatGPT erfand unterschiedliche Wartefristen je nach Dienstjahr.
  2. Lohnfortzahlung – fehlerhafte Interpretation der Basler/Berner/Zürcher Skalen.
  3. Probezeit – Vermischung von OR und Berufsbildungsgesetz, falsche Aussagen zur Mindestdauer.
  4. Kündigungsfristen – unkorrekte Regeln zu Kündigungsterminen und Monatsenden.
  5. Ferienanspruch – falsche Verweise auf OR-Artikel und Vermischung von Gesetz und „Praxisnormen“.
  6. Kündigung während Krankheit – teilweise falsche Interpretation der Sperrfristen.
  7. Überstunden/Überzeit – Vermischung von OR und ArG, unpräzise oder falsche Aussagen.
  8. Arbeitszeugnis – falsche Behauptung über nicht existierende OR-Artikel.
  9. Lohnzahlungstermine – unklare, teils widersprüchliche Aussagen zur Fälligkeit.
  10. Lohnkürzung bei Krankheit – falsche Angaben zur Wirkung der KTG-Versicherung.