Nach schweizerischem Arbeitsrecht ist der Einsatz von Künstlicher Intelligenz (KI) bei Personalentscheidungen wie Einstellung, Beförderung oder Kündigung grundsätzlich nicht verboten. Allerdings unterliegt ein solcher Einsatz verschiedenen rechtlichen Schranken, insbesondere im Bereich des Datenschutzes, des Persönlichkeitsschutzes sowie der arbeitsrechtlichen Fürsorgepflicht.
1. Datenschutz
Die automatisierte Verarbeitung personenbezogener Daten durch eine KI – etwa zur Bewertung von Bewerbungen oder zur Analyse von Leistungsdaten – muss datenschutzkonform erfolgen. Eine Datenbearbeitung im Arbeitsverhältnis ist dabei gemäss Art. 328b OR grundsätzlich nur dann zulässig, soweit sie für die Beurteilung der Eignung der Arbeitnehmer:innen für das Arbeitsverhältnis oder die Durchführung des Arbeitsverhältnisses notwendig sind. Auch müssen die Grundsätze der Verhältnismässigkeit, Zweckbindung und Transparenz eingehalten werden. Eine vollautomatisierte Entscheidung, die erhebliche Auswirkungen auf die betroffene Person hat (z. B. Kündigung), ist dabei gemäss Art. 21 DSG nur unter bestimmten Voraussetzungen zulässig, etwa wenn sie mit ausdrücklicher Einwilligung der betroffenen Person erfolgt. Indessen ist bis heute rechtlich nicht geklärt, ob eine solche Einwilligung im Rahmen des Arbeitsverhältnisses basierend auf Art. 328b OR überhaupt rechtsgültig abgegeben werden kann.
2. Verbot persönlichkeitsverletzender Entscheidungen
Arbeitgeber dürfen keine persönlichkeitsverletzende oder diskriminierenden Entscheidungen treffen, etwa aufgrund von Geschlecht, Alter, Herkunft oder anderen geschützten Merkmalen. Solche Diskriminierungen können gegen das Gleichstellungsgesetz (GlG) oder gegen das allgemeine Persönlichkeitsrecht verstossen. Es besteht beim Einsatz von KI die Gefahr, dass diese solche verpönten Entscheidungen treffen. Der Arbeitgeber haftet für persönlichkeitsverletzende Entscheidungen auch dann, wenn sie durch eine KI getroffen wurden.
3. Fürsorgepflicht des Arbeitgebers
Gemäss Art. 328 OR ist der Arbeitgeber verpflichtet, auf die berechtigten Interessen der Arbeitnehmenden Rücksicht zu nehmen und seine Fürsorgepflicht wahrzunehmen. Dazu gehört auch, dass Entscheidungen des Arbeitgebers nicht willkürlich oder intransparent erfolgen. Der Einsatz von KI darf nicht dazu führen, dass Arbeitnehmende in ihren Rechten beschnitten oder unangemessen behandelt werden.
4. Vertragsfreiheit und Kündigungsschutz
Im schweizerischen Arbeitsrecht gilt grundsätzlich die Kündigungsfreiheit, solange keine missbräuchliche Kündigung im Sinne von Art. 336 OR vorliegt. Wird eine Kündigung jedoch ausschliesslich auf eine KI-Entscheidung gestützt, ohne menschliche Überprüfung, könnte dies als missbräuchlich qualifiziert werden, insbesondere wenn die Entscheidung intransparent oder persönlichkeitsverletzend ist.
Fazit:
Eine KI darf im Rahmen des schweizerischen Arbeitsrechts unterstützend bei Personalentscheidungen eingesetzt werden, sofern die Mitarbeitenden hierüber aufgeklärt werden. Eine vollständig automatisierte Entscheidung über Einstellung, Beförderung oder Kündigung ist ohne Einwilligung des Mitarbeitenden unzulässig und selbst bei einer Einwilligung rechtlich problematisch, insbesondere wenn sie ohne menschliche Überprüfung erfolgt. Arbeitgeber müssen sicherstellen, dass KI-basierte Entscheidungen datenschutzkonform, nicht diskriminierend und unter Wahrung der Fürsorgepflicht getroffen werden.
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MLaw Simon Hampl
Rechtsanwalt
Fachanwalt SAV Arbeitsrecht
Sozialversicherungsfachmann mit eidg. Fachausweis
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